Ein Meilenstein in der langen Geschichte der Deutsch-Griechischen Gesellschaft Hamburg e.V. ist der 26. Februar 2025 gewesen. An diesem Tag überreichte der Vorstand der Gesellschaft ihr historisches Archiv an die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky (SUB) im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung.

Der bereits 1918 in Hamburg gegründete Verein verfolgt mit dieser Übergabe das Ziel, die Dokumente seiner über hundertjährigen Geschichte in die Obhut einer bedeutenden deutschen Bibliothek zu geben. Damit soll gewährleistet werden, dass die historische Wissenschaft und Forschung, sowie die interessierte Öffentlichkeit Zugang zu diesen wertvollen Materialien haben.
Der Vorsitzende der Gesellschaft Pantelis M. Pantelouris sprach in seinen einleitenden Worten Professor Robert Zepf, dem Direktor der Bibliothek, seinen Dank für dessen Bereitschaft aus, das historische Archiv der Gesellschaft in die Obhut der Bibliothek zu übernehmen. Er dankte auch Frau Dr. Anne Liewert, der Leiterin der Abteilung Sondersammlungen für die Vorbereitung der Übergabe sowie der Justitiarin der Bibliothek Frau Dr. Ina Kaulen für die Ausarbeitung des Schenkungsvertrages.

In Begleitung des griechischen Generalkonsuls Ioannis Vikelidis, überreichte Pantelouris anschließend symbolisch die zwei ersten aus den insgesamt 42 Ordnern des Archivs an Professor Zepf. „Der erste Ordner“, sagte er, „umfasst Dokumente aus den Gründungsjahren unserer Gesamtgesellschaft bis zum Ersten Weltkrieg“.
„Im zweiten Ordner befinden sich Dokumente aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und den schwierigen Jahren der NS-Herrschaft, die eine enorme Kraftprobe für die Gesellschaft darstellten.“ Er ergänzte: „In jenen herausfordernden Zeiten war die Deutsch-Griechische Gesellschaft unter der Führung eines beeindruckenden Geistes vereint: Professor Bruno Snell, ein Klassischer Philologe von Weltrang und späterer Rektor der Universität Hamburg. Sein Mut und seine Haltung trugen wesentlich dazu bei, dass die Hamburger Ortsgruppe, wie die Gesellschaft damals noch hieß, als einzige Organisation dieser Art die Diktatur überstand und ihre Aktivitäten bis heute ununterbrochen fortsetzen konnte. Damit konnte sie 2018 ihr 100-jähriges Jubiläum offiziell bei einem Festakt im Hamburger Rathaus feiern.“



Generalkonsul Ioannis Vikelidis äußerte in seiner Begrüßungsrede seine Freude über die Übernahme des Archivs der Deutsch-Griechischen Gesellschaft durch die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg und sprach Professor Zepf seinen Dank für dessen Unterstützung aus. Er erinnerte daran, dass bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges die griechischen Konsuln in Hamburg dem Vorstand der Gesellschaft angehört hatten und erwähnte mehrere spätere hochrangige griechische Diplomaten, die als junge Konsuln die Arbeit der Gesellschaft unterstützt hatten. Vikelidis würdigte ausdrücklich den Einsatz der heutigen Gesellschaft für die Stärkung der deutsch-griechischen Kulturbeziehungen und besonders der Beziehungen Griechenlands zur Freien und Hansestadt Hamburg.

Bei der feierlichen Veranstaltung haben drei renommierte Wissenschaftler der Universität Hamburg Kurzreferate gehalten. Professor Ulrich Moennig sprach über die enge Beziehung der Deutsch-Griechischen Gesellschaft zur Universität Hamburg, Professor Werner Rieß referierte über Leben und Wirken des Gründungspräsidenten der Gesellschaft Professor Erich Ziebarth und Professor Wilt Aden Schröder zeichnete das Wirken des langjährigen Vorsitzenden Professor Bruno Snell an der Universität.

Der Neogräzist Professor Ulrich Moennig, der von 2012 bis 2019 den Vorsitz der Gesellschaft innehatte, zeichnete den historischen Entwicklungsweg der Hamburger Gesellschaft nach. Er führte aus, wie sie sich von einer Ortsgruppe, gegründet im Rahmen einer 1914 in München ins Leben gerufenen gesamtdeutschen Organisation, zu einem der ältesten bilateralen Vereine im deutschsprachigen Raum entwickelte. Dabei hob er besonders die Rolle herausragender Professoren der Hamburger Universität, die über mehrere Jahrzehnte hinweg an der Spitze der Gesellschaft standen und deren Entwicklung maßgeblich prägten. Zudem erinnerte er an den Beitrag des damaligen Ersten Bürgermeisters und Mitbegründers der Universität Hamburg, Werner von Melle, und zitierte dessen Überzeugung zur Bedeutung der Griechischen Studien: „man [dürfe] an einer hamburgischen Universität nicht …Homer und Plato vergessen, sondern gerade Hamburg [sei] berufen, die Studien der Vergangenheit und der Gegenwart zu einer Einheit zu verbinden…“ Darüber hinaus betonte Moennig die wichtige Rolle der Mitglieder der Gesellschaft bei der Einrichtung der neugriechischen Abteilung in der Bibliothek des Seminars für Klassische Philologie an der Universität Hamburg, die bis heute zu den bedeutendsten ihrer Art in Deutschland zählt.

Professor Werner Rieß, berichtete über Erich Ziebarth, dem Gründungsvorsitzenden der Deutsch-Griechischen Gesellschaft und ersten Lehrstuhlinhaber für Alte Geschichte an der Universität Hamburg, seit ihrer Gründung 1919 und bis 1936. Ziebarths Forschung konzentrierte sich auf das Vereinswesen, die Wirtschaftsgeschichte und die Epigraphik im antiken Griechenland. Rieß erwähnte Ziebarths große Leidenschaft für Griechenland und die neugriechische Sprache, sowie seine Arbeit zur griechischen Epigraphik. Zudem sprach er von Ziebarths 16 Griechenlandreisen zwischen 1896 und 1936, seinen Ausgrabungen auf der Insel Euböa, seinen Lichtbildvorlesungen „Kulturbilder aus griechischen Städten“ Anfang des 20. Jahrhunderts, und seinen zahlreichen Neugriechischkursen ab 1909 am Kolonialinstitut in Hamburg. Erich Ziebarth war auch Herausgeber der Zeitschrift der Gesellschaft „Hellas“, in der er regelmäßig auch eigene Artikel veröffentlichte, oft mit strittigen Analysen zur politischen Lage in Griechenland der 1920er Jahre.

Der klassische Philologe Professor Wilt Aden Schröder hat eine Rede über Bruno Snell (1896-1986) gehalten, einen – wie er sagte – „der bedeutendsten Gelehrten der Hamburgischen Universität und klassischen Philologen von Weltrang“, der zwischen 1938 und 1954 an der Spitze der Deutsch-Griechischen Gesellschaft gestanden hat und sie maßgeblich geprägt hat.
Professor Schröder sprach von der besonderen Beziehung, die Bruno Snell zu Griechenland und zur griechischen Antike hatte. Dabei ging er auch auf den Einfluss ein, den Aischylos-Texte auf seine Entscheidung hatten, sich – während seiner Internierung als deutscher Jura-Student in Edinburgh zu Beginn des Zweiten Weltkrieges – der klassischen Philologie zuzuwenden. 1931 wurde Snell Professor für klassische Philologie in Hamburg und wirkte „dreißig Jahre mit großem Erfolg an der Hamburger Universität, indem er lehrte, forschte und besondere Leistungen in der Selbstverwaltung erbrachte“. Schröder betonte Snells Haltung während der Nazi-Diktatur als „kompromisslosen Gegner des Nationalsozialismus“ und seinen Einsatz für vom Regime verfolgte jüdische Gelehrte. Er habe „das Hamburger Seminar weitgehend vor der Einflussnahme von NS-Ideologen und -Funktionären bewahrt und auf die Studenten gewirkt“.

Die Übergabezeremonie wurde musiksalisch vom bekannten Musik-Ensemble Stella & Stella begleitet. Stella Tsianios und Stella Morgenstern interpretierten vertonte griechische Lyrik, begleitet vom Gitarristen Andreas Hecht.
Zum Abschluss der Veranstaltung lud der Vorstand der Gesellschaft zu einem Empfang ein.





Alle Photos: Gabriel Gabrielides
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